Artikel - Kleinbauernmentalität verantwortlich für Wohlstand
Artikel - Kleinbauernmentalität verantwortlich für Wohlstand
Hi,
in diesem Artikel wird das Süd-Nordgefälle nördlich der Alpen und das Nord-Süd-Gefälle südlich der Alpen hinsichtlich Wohlstand mit den Lebensumständen der Kleinbauern in Verbindung gebracht.
http://m.diepresse.com/home/wirtschaft/ ... newsletter
Wird sicher nicht der alleinige Grund sein, aber eventuell ist da wirklich ein bisschen was dran?
Lg Eos
in diesem Artikel wird das Süd-Nordgefälle nördlich der Alpen und das Nord-Süd-Gefälle südlich der Alpen hinsichtlich Wohlstand mit den Lebensumständen der Kleinbauern in Verbindung gebracht.
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Wird sicher nicht der alleinige Grund sein, aber eventuell ist da wirklich ein bisschen was dran?
Lg Eos
Re: Artikel - Kleinbauernmentalität verantwortlich für Wohls
Ich habe den Artikel auch gelesen, und finde ihn nur begrenzt aussagekräftig.
Nach dieser Theorie müsste in Niederösterreich (wo es Großgrundbesitzer gab) das Elend herrschen, während Vorarlberg, Tirol und Salzburg prosperieren. Tatsächlich ist heute der Reichtum dort, wo der Tourismus blüht, was bekanntlich in Tirol, Salzburg, Bayern und in touristisch attraktiven Städten wie Wien der Fall ist. Er ist weiters dort, wo sich wirtschaftliche Strukturen angesiedelt haben, die heute prosperieren. Dies sind beispielsweise in Wien und auch quer über alle österreichischen Bundesländer verteilt spezielle Industrien wie Musiksaiten, Sicherheitsschlösser und andere Spezialprodukte.
Wirtschaftlich schlecht gestellt sind in Österreich bespielsweise Länder wie Kärnten, dies trotz einer touristisch attraktiven Landschaft und trotz einer fehlenden Großgrundbesitzer-Vergangenheit. In Kärnten gab es jede Menge Kleinbauern, trotzdem scheint die “unternehmerische“ Mentalität entgegen der Theorie der “Presse“ zu fehlen.
Das karge Landschaften als Herausforderung der Natur an den Menschen den Erfindergeist anregen kann, ist eine keineswegs neue Theorie. Wenn ich mich recht an meinen Geschichtsunterricht vor 25 Jahren erinnere, versuchte man bereits (in den 70ern oder 80ern) die Entstehung der griechischen Hochkultur auf kargem Bergland zu erklären. Mit kleinbäuerlichen Strukturen hatte das wenig zu tun, schliesslich erklärte derselbe Theoretiker auch die Entstehung der ägyptischen Hochkultur mit der Herausforderung, die der Nil an die Menschen stellte (und im alten Ägypten waren die Strukturen nun mal alles andere als kleinbäuerlich).
Was man sicher sagen kann, ist, dass nicht in allen Gegenden wo die Natur eine Herausforderung an den Menschen darstellt, Hochkulturen entstanden sind. Genauso wenig sind heute alle gegen Bereich, wo einst kleinbäuerliche Strukturen herrschten. Also was genau soll diese Studie aussagen?
Ich weiß ja nicht was dieser Studie tatsächlich steht - entweder, sie ist tatsächlich in ihren Schlüssen so platt, oder die Autoren der Presse haben sie einfach in ihrem Sinne gelesen und wiedergegeben. Hier wird “Unternehmermentalität“, wie sie die konservative “Presse“ propagiert, in idealisierter Form auf eine imaginäre Kleinbauernmentalität projiziert. Es fällt für mich unter konservativen Märchenstunde.
Nach dieser Theorie müsste in Niederösterreich (wo es Großgrundbesitzer gab) das Elend herrschen, während Vorarlberg, Tirol und Salzburg prosperieren. Tatsächlich ist heute der Reichtum dort, wo der Tourismus blüht, was bekanntlich in Tirol, Salzburg, Bayern und in touristisch attraktiven Städten wie Wien der Fall ist. Er ist weiters dort, wo sich wirtschaftliche Strukturen angesiedelt haben, die heute prosperieren. Dies sind beispielsweise in Wien und auch quer über alle österreichischen Bundesländer verteilt spezielle Industrien wie Musiksaiten, Sicherheitsschlösser und andere Spezialprodukte.
Wirtschaftlich schlecht gestellt sind in Österreich bespielsweise Länder wie Kärnten, dies trotz einer touristisch attraktiven Landschaft und trotz einer fehlenden Großgrundbesitzer-Vergangenheit. In Kärnten gab es jede Menge Kleinbauern, trotzdem scheint die “unternehmerische“ Mentalität entgegen der Theorie der “Presse“ zu fehlen.
Das karge Landschaften als Herausforderung der Natur an den Menschen den Erfindergeist anregen kann, ist eine keineswegs neue Theorie. Wenn ich mich recht an meinen Geschichtsunterricht vor 25 Jahren erinnere, versuchte man bereits (in den 70ern oder 80ern) die Entstehung der griechischen Hochkultur auf kargem Bergland zu erklären. Mit kleinbäuerlichen Strukturen hatte das wenig zu tun, schliesslich erklärte derselbe Theoretiker auch die Entstehung der ägyptischen Hochkultur mit der Herausforderung, die der Nil an die Menschen stellte (und im alten Ägypten waren die Strukturen nun mal alles andere als kleinbäuerlich).
Was man sicher sagen kann, ist, dass nicht in allen Gegenden wo die Natur eine Herausforderung an den Menschen darstellt, Hochkulturen entstanden sind. Genauso wenig sind heute alle gegen Bereich, wo einst kleinbäuerliche Strukturen herrschten. Also was genau soll diese Studie aussagen?
Ich weiß ja nicht was dieser Studie tatsächlich steht - entweder, sie ist tatsächlich in ihren Schlüssen so platt, oder die Autoren der Presse haben sie einfach in ihrem Sinne gelesen und wiedergegeben. Hier wird “Unternehmermentalität“, wie sie die konservative “Presse“ propagiert, in idealisierter Form auf eine imaginäre Kleinbauernmentalität projiziert. Es fällt für mich unter konservativen Märchenstunde.
- poison ivy
- Beiträge: 1893
- Registriert: Mi 29. Jan 2014, 22:46
- Wohnort: vom Winde verweht
Re: Artikel - Kleinbauernmentalität verantwortlich für Wohls
jetzt binden wir noch Umzuege mit ein und stellen fest,Adjua hat geschrieben:Ich habe den Artikel auch gelesen, und finde ihn nur begrenzt aussagekräftig.
dass es eigentlich gar keinen Sueden, Norden oder Osten gibt,
weil die Leute weitgehen durchgemischt sind,
und schon wird's schwierig, was, egal was, mit dem Argument des traditionellen Kleinbauern zu beweisen
Re: Artikel - Kleinbauernmentalität verantwortlich für Wohls
In Gegenden, wo es schwierig ist, ziehen die Leute weg, vor allem die mutigeren und ideenreicheren, die keineswegs kleinbäuerliche Hintergrund haben müssen (So ein Beispiel habe ich in der Familie, in der Generation meines Urgrossvaters, der ein Arbeitersohn war). Zurück blieben die weniger ideenreichen, ausser es kommt einer und zieht in der Region was auf, das wieder Leute anzieht und den Ansässigen Arbeit gibt.poison ivy hat geschrieben:jetzt binden wir noch Umzuege mit ein und stellen fest,Adjua hat geschrieben:Ich habe den Artikel auch gelesen, und finde ihn nur begrenzt aussagekräftig.
dass es eigentlich gar keinen Sueden, Norden oder Osten gibt,
weil die Leute weitgehen durchgemischt sind,
und schon wird's schwierig, was, egal was, mit dem Argument des traditionellen Kleinbauern zu beweisen
Silicon Valley ist sicher nicht entstanden, weil dort lauter Kleinbauern waren ...
-
Manfred
Re: Artikel - Kleinbauernmentalität verantwortlich für Wohls
Das die Verteilung des Bodeneigentums und der rechtliche Schutz diesen Eigentums eines der wesentlichsten Grundelemente für die Wohlstandsentwicklung waren und sind haben Heinsohn und Steiger in ihrer Eigentumsökonomik eindrucksvoll belegt.
Auch Entwicklungshilfe-Fachleute bringen dieses Thema immer wieder auf. Ohne Bodenreform und Rechtssicherheit in den betroffenen Ländern verpufft jede Agar-Entwicklungshilfe sinnlos. Weil denjenigen, die etwas aufbauen, dies bald von mächtigeren, stärkeren oder schlicht Neidern oder anderen Notleidenden wieder weggenommen wird.
Natürlich spielen noch viele andere Kriterien eine wichtige Rolle. "Mentalität" gehört sicher dazu. Die Einstellung zur Arbeit und zum Konsumverhalten z.B.
Und das ist das klassische bäuerliche/handwerkliche Denken, den Hof/den Betrieb mit viel Arbeit und Freude an der Arbeit vorwärts zu bringen und so der nächsten Generation eine bessere Grundlage zu schaffen, ein diametraler Gegensatz zum Ansatz als Fabrikarbeiter eher widerwillig arbeiten zu gehen, das lästige Pflichtprogramm runter zu reißen, um sich das Leben leisten zu können und dann die Freizeit mögl. intensiv und exzessiv zu genießen.
Das altbayerisch-katholische "leben und leben lassen" (sprich dem anderen die Freiheit zur Entfaltung zu lassen und ihm seinen Erfolg zu gönnen) als Gegensatz zur erzwungenen preußischen Disziplin, mag ebenfalls in diesem Zusammenhang stehen.
Trotzdem ist klar: Hätte Bayern den Sprung vom Agrarstaat zum Technologie- und Tourismusstandort nicht geschafft, sähe es heute wirtschaftlich weit schlechter aus. Aber auch hier gilt: Einen wesentlichen Beitrag zu diesem wirtschaftlichen Erfolg haben die strebsamen, aufstiegswilligen und erfindungsreichen Köpfe geliefert, die von den Höfen in die neuen Industrien gewechselt sind. Und viele, viele dieser neuen Betriebe wären niemals entstanden, hätten nicht als Kapital-Sicherheit für die nötigen Investitionen die Höfe der Eltern und Großeltern im Hintergrund gestanden.
Auch Entwicklungshilfe-Fachleute bringen dieses Thema immer wieder auf. Ohne Bodenreform und Rechtssicherheit in den betroffenen Ländern verpufft jede Agar-Entwicklungshilfe sinnlos. Weil denjenigen, die etwas aufbauen, dies bald von mächtigeren, stärkeren oder schlicht Neidern oder anderen Notleidenden wieder weggenommen wird.
Natürlich spielen noch viele andere Kriterien eine wichtige Rolle. "Mentalität" gehört sicher dazu. Die Einstellung zur Arbeit und zum Konsumverhalten z.B.
Und das ist das klassische bäuerliche/handwerkliche Denken, den Hof/den Betrieb mit viel Arbeit und Freude an der Arbeit vorwärts zu bringen und so der nächsten Generation eine bessere Grundlage zu schaffen, ein diametraler Gegensatz zum Ansatz als Fabrikarbeiter eher widerwillig arbeiten zu gehen, das lästige Pflichtprogramm runter zu reißen, um sich das Leben leisten zu können und dann die Freizeit mögl. intensiv und exzessiv zu genießen.
Das altbayerisch-katholische "leben und leben lassen" (sprich dem anderen die Freiheit zur Entfaltung zu lassen und ihm seinen Erfolg zu gönnen) als Gegensatz zur erzwungenen preußischen Disziplin, mag ebenfalls in diesem Zusammenhang stehen.
Trotzdem ist klar: Hätte Bayern den Sprung vom Agrarstaat zum Technologie- und Tourismusstandort nicht geschafft, sähe es heute wirtschaftlich weit schlechter aus. Aber auch hier gilt: Einen wesentlichen Beitrag zu diesem wirtschaftlichen Erfolg haben die strebsamen, aufstiegswilligen und erfindungsreichen Köpfe geliefert, die von den Höfen in die neuen Industrien gewechselt sind. Und viele, viele dieser neuen Betriebe wären niemals entstanden, hätten nicht als Kapital-Sicherheit für die nötigen Investitionen die Höfe der Eltern und Großeltern im Hintergrund gestanden.
Re: Artikel - Kleinbauernmentalität verantwortlich für Wohls
Manfred, so wie du das beschreibst, ist das aber nicht die Kleinbauernmentalität, sondern die Verteilung des Kapitals auf mehr Menschen als dies in anderen Gebieten der Fall war. Es hatten einfach in einem kapitaltechnisch kleiner strukturierten Gebiet mehr Menschen die Gelegenheit, etwas Neues aufzubauen. Eben, wie du richtig sagst, wegen der Kapitalausstattung der Eltern.
In Gegenden, wo nur sehr wenige Menschen die Gelegenheit hatten, an Kapital zu kommen, weil alles in der Hand von Fabriksbesitzern oder Großbauern war, kamen statistisch gesehen weniger Menschen zum Zug, so dass ergo auch weniger unternehmerisch veranlagte Menschen zum Zug kamen - oder auswanderten, um anderswo etwas zu erreichen.
Heute gibt es eine ganze Menge Bauern, die mehr in ihrer Freizeit und dem Fernsehprogramm und am Konsum interessiert sind, als an der Schaffensfreude. Genauso wie es eine Menge Menschen in unselbstständigen Arbeitsverhältnissen gibt, die sich für andere Dinge interessieren und freudig am Schaffen sind. Dieses Forum ist das beste Beispiel dafür. Die wenigsten hier sind Bauern.
In Gegenden, wo nur sehr wenige Menschen die Gelegenheit hatten, an Kapital zu kommen, weil alles in der Hand von Fabriksbesitzern oder Großbauern war, kamen statistisch gesehen weniger Menschen zum Zug, so dass ergo auch weniger unternehmerisch veranlagte Menschen zum Zug kamen - oder auswanderten, um anderswo etwas zu erreichen.
Heute gibt es eine ganze Menge Bauern, die mehr in ihrer Freizeit und dem Fernsehprogramm und am Konsum interessiert sind, als an der Schaffensfreude. Genauso wie es eine Menge Menschen in unselbstständigen Arbeitsverhältnissen gibt, die sich für andere Dinge interessieren und freudig am Schaffen sind. Dieses Forum ist das beste Beispiel dafür. Die wenigsten hier sind Bauern.
