Definition "Permakultur"

Moderator: kraut_ruebe

Benutzer 72 gelöscht

Re: Definition "Permakultur"

#91

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Sa 9. Jul 2016, 20:44

Aus dem, was da ist, Nutzen ziehen - ohne jemandem (inklusive Natur) zu schaden!
Nichts geht verloren, "Abfall" ist eigentlich Rohstoff.
Die Art der Kultivierung in Einklang bringen mit dem gegebenem Boden und Mikroklima...
Das aber auch sanft verbessern - in Richtung: "bringt mehr Ertrag" (Swales zum Beispiel, Sonnenfallen)

Und das alles passiert, weil es hier der Mensch plant (oder meinetwegen auch "designt") - irgendwie ist Permakultur schon ein Nachmachen der natürlichen Kreisläufe, halt gelenkt, so dass es dem Menschen dienlicher ist als "einfach nur Natur" ...

oder?

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fuxi
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Re: Definition "Permakultur"

#92

Beitrag von fuxi » Mo 11. Jul 2016, 16:41

Thomas/V. hat geschrieben:Mehr Probleme habe ich, ein mehr oder weniger großes Grundstück so um zu modeln, wie es mir in den Kram paßt. Das ist m.M. nach viel komplexer und derart vielschichtiger, das da langfristig gesehen jedes "Design" wieder aus dem Ruder läuft. [...]
Mir ist daher schleierhaft, wie jemand den Anspruch erheben kann, er würde ein Gebiet so "designen" können, das es langfristig funktioniert, wenn doch sogar die Natur nicht dauerhaft gleich funktioniert.
Was bringt es mir, der ich von einem bestimmten Grundstück leben will, es mit viel Mühe nach irgendwelchen Plänen umzugestalten, um dann 20 Jahre später zu merken, das das alles gar nicht wie gewünscht funktioniert?
Naja, dem Designer kann das ja egal sein, der ist dann längst verschwunden...
Zum Design gehört auch die Beobachtung des sich entwickelnden Designs und eventuelles Nachbessern. Das darf dem Designer nicht egal sein und das sollte er auch dem Kunden so erklären. Und genau weil es so komplex und vielschichtig ist, finde ich das Gerüst, das ich durch den Permakulturkurs bekommen habe, so wertvoll. Aber es ist genau das: Ein Gerüst, das ich an meine spezifische Situation anlegen muss. Keine standardisierte Komplettlösung, die ich einfach überstülpe.
Thomas/V. hat geschrieben:Was mich am meisten stört ist der Anspruch, etwas "designen" zu wollen, was ohne Menschen vollkommen funktioniert, es aber anscheinend irgendwie "nötig" hat, "verbessert" zu werden.
Nichts gegen "wiederherstellendes Design", sich an dem zu orientieren, was jahrtausendelang funktioniert hat finde ich völlig i.O.
Aber dieser ständige "Optimierungswahn" geht mir auf den Senkel. Wann begreifen wir denn endlich mal, das wir nicht Gott sind und demzufolge zu blöd, nachhaltige "Ordnungen" nach unserem Plan zu installieren?
Wir sind nicht Gott, aber a) haben wir bereits durch kurzsichtige Eingriffe extrem viele Systeme aus dem Gleichgewicht gebracht und b) können wir das meistens ja sogar noch funktionierende (aber halt langsame und keinen nutzbaren/essbaren Ertrag abwerfende) Rettungssystem der Natur leiten und beschleunigen.
Funktionierende Wildnis zu roden, um ein Permakultur-Design zu etablieren ist übrigens einer der wenigen "echten" Fehler, die man als PK-Designer machen kann. Darauf wird immer wieder wert gelegt.

(P.s.: Ich sehe Permakultur nicht als "Gott spielen", sondern als "Arzt spielen". Als Arzt säge ich auch kein gesundes Bein ab, um es durch meine Prothese zu ersetzen, egal wie toll die Prothese ist. Die "Natur", in der die meisten von uns sich aber bewegen humpelt so gesehen aber nur noch auf Stumpen. Nun bin ich nicht Gott und kann einfach die Beine heilen, aber ich habe Prothesen, Heilmittel, Therapien und andere Hilfsmitte, mit denen ich die fehlenden oder verletzten Beine unterstützen kann. Nicht perfekt, aber so gut wie ich kann.)
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Re: Definition "Permakultur"

#93

Beitrag von Fred » Di 12. Jul 2016, 01:53

ina maka hat geschrieben:
Und das alles passiert, weil es hier der Mensch plant (oder meinetwegen auch "designt") - irgendwie ist Permakultur schon ein Nachmachen der natürlichen Kreisläufe, halt gelenkt, so dass es dem Menschen dienlicher ist als "einfach nur Natur" ...

oder?
Genau. Man baut Systeme nach dem Vorbild natürlicher Ökosysteme, in denen man die Anzahl der für Menschen nützlichen Arten erhöht.

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Re: Definition "Permakultur"

#94

Beitrag von Thomas/V. » Di 12. Jul 2016, 07:07

Einfacher wäre es, die Anzahl und den Konsum der Menschen an das vorhandene Ökosystem anzupassen, anstatt eine zu hohe Anzahl an Menschen durch eine künstliche Erhöhung der Artenanzahl zu ernähren.
Zum Design gehört auch die Beobachtung des sich entwickelnden Designs und eventuelles Nachbessern.
Also genau das, was wir jetzt auch schon machen, nämlich unsere unzulänglichen Fähigkeiten beim Gestalten hochkomplexer Systeme durch ständige Nachbesserung unter Beweis zu stellen.

Nichts gegen die Gestaltung eines Gartens oder einer Hofstelle, Familienlandsitzes, kleinen Dorfes o.ä. , da kann ich mir noch vorstellen, das das funktionieren kann.
Wenn es um größere Dimensionen geht, bin ich allerdings skeptisch, denn wie die Geschichte zeigt, ist immer irgendwann die Gestaltung größerer Lebensräume aus dem Ruder gelaufen, mit verheerenden Folgen für die Gesellschaft und die Umwelt.
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Re: Definition "Permakultur"

#95

Beitrag von fuxi » Di 12. Jul 2016, 12:49

Thomas/V. hat geschrieben:Einfacher wäre es, die Anzahl und den Konsum der Menschen an das vorhandene Ökosystem anzupassen
"Einfacher" wäre das in einer utopischen Traumrealität. Im Hier und Jetzt kann ich nur mich und meine direkte Umwelt (Menschen und Natur) beeinflussen.
Thomas/V. hat geschrieben:[...] eine zu hohe Anzahl an Menschen durch eine künstliche Erhöhung der Artenanzahl zu ernähren.
Bei der in der Permakultur angestrebten Vielfalt geht es nicht nur um die Anzahl der Arten, sondern vor allem um die Anzahl der nützlichen Verbindungen, um die Anzahl der genutzten Nischen (räumlich und zeitlich).
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Re: Definition "Permakultur"

#96

Beitrag von Thomas/V. » Di 12. Jul 2016, 15:39

"Einfacher" wäre das in einer utopischen Traumrealität. Im Hier und Jetzt kann ich nur mich und meine direkte Umwelt (Menschen und Natur) beeinflussen.
Nö, damit kann jeder sofort anfangen, da muß keiner auf die Traumwelt warten. Mir ist nicht bekannt, das irgendwer dazu gezwungen wird, Kinder in die Welt zu setzen, oder sich jeden Konsummüll rein zu ziehen.
Ein Traum wird wohl eher bleiben, durch PK die Welt zu verbessern, wenn die gesellschaftlichen Vorraussetzungen dafür nicht geändert werden.
Das ist auch etwas, das bei PK-Anhängern nie zur Sprache kommt und mir "sauer aufstößt"...
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Re: Definition "Permakultur"

#97

Beitrag von fuxi » Di 12. Jul 2016, 15:51

Thomas/V. hat geschrieben:
Im Hier und Jetzt kann ich nur mich und meine direkte Umwelt (Menschen und Natur) beeinflussen.
Nö, damit kann jeder [einzelne (Ergänzung durch Fuxi)] sofort anfangen, [...]
Warum "Nö", wenn du dann doch genau das gleiche sagst, wie ich? :hmm:
Thomas/V. hat geschrieben:Mir ist nicht bekannt, das irgendwer dazu gezwungen wird, Kinder in die Welt zu setzen, oder sich jeden Konsummüll rein zu ziehen.
Es gibt wohl wenige PK-Praktiker, die "sich jeden Konsummüll reinziehen", also ist es nicht "entweder oder".
Thomas/V. hat geschrieben:Ein Traum wird wohl eher bleiben, durch PK die Welt zu verbessern, wenn die gesellschaftlichen Vorraussetzungen dafür nicht geändert werden.
Das ist auch etwas, das bei PK-Anhängern nie zur Sprache kommt und mir "sauer aufstößt"...
Zu Permakultur gehört auch immer People Care und auch die möglichst vielfältigen, gegenseitig nutzbringenden Verbindungen werden nicht nur im Tier- und Pflanzenreich des Designs angestrebt, sondern auch im gesellschaftlichen Umfeld. Es ist ein Aspekt von PK, die gesellschaftlichen Vorraussetzungen zu ändern. Ich verstehe nicht, wie man das trennen könnte.

Manchmal kommen mir einige Aussagen hier vor wie eine klassische Nirvana-Fallacy ("Permakultur kann die Welt nicht jetzt sofort perfekt machen, also bin ich lieber gegen Permakultur.") :roll:
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Re: Definition "Permakultur"

#98

Beitrag von Thomas/V. » Di 12. Jul 2016, 16:13

Warum "Nö",
Das bezog sich darauf, das es nicht nur in der der Traumwelt einfach wäre, etwas zu ändern.
Es gibt wohl wenige PK-Praktiker, die "sich jeden Konsummüll reinziehen", also ist es nicht "entweder oder".
Es reicht nicht, wenn ein paar PK-Anhänger und -praktiker und ein paar Selbstversorger anfangen, ihren Konsum herunterzufahren und "Gärten anlegen".
So lange nicht die gesamte Menschheit radikal umdenkt, ist das doch alles Kosmetik.
Es ist ein Aspekt von PK, die gesellschaftlichen Vorraussetzungen zu ändern.
So? Ich habe noch nix davon gelesen, das angestrebt wird, den Kapitalismus abzuschaffen oder dergleichen grundsätzliche Dinge angesprochen werden.
Irgendwie scheint man da auf manchen Gebieten nicht mehr ganzheitlich denken zu wollen.
Manchmal kommen mir einige Aussagen hier vor wie eine klassische Nirvana-Fallacy ("Permakultur kann die Welt nicht jetzt sofort perfekt machen, also bin ich lieber gegen Permakultur.") :roll:
Nein, aber PK alleine kann es auch nicht, wenn sich die Gesellschaft als Ganzes nicht um 180° dreht.
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Re: Definition "Permakultur"

#99

Beitrag von fuxi » Di 12. Jul 2016, 17:03

Thomas/V. hat geschrieben:So? Ich habe noch nix davon gelesen, das angestrebt wird, den Kapitalismus abzuschaffen oder dergleichen grundsätzliche Dinge angesprochen werden.
Irgendwie scheint man da auf manchen Gebieten nicht mehr ganzheitlich denken zu wollen.
Das liegt aber eher an deiner eingeschränkten Recherche als an Permakultur an sich (auch wenn verständlicherweise vor allem der Fokus auf Lösungen liegt, die man unter den aktuellen soziopolitischen Umständen sofort umsetzen kann). Oder vielleicht liegt es daran, dass solche Literatur dann nur selten "Permakultur" im Titel hat. Aber aus der "Szene" gibt es eine Menge. Mark Boyle ist da z.B. einer der Lautesten in die Richtung.
Beispiele:
>>Interest and Inflation Free Money<<
Wenn du es radikaler möchtest: >>Drinking Molotov Cocktails with Gandhi<< von Mark Boyle (Das könnte dir tatsächlich gefallen. Dem Autor gehen nämlich die meisten nachhaltigen/Permakultur-/Öko-Lösungen auch nicht weit genug. Wenn du das auf Englisch lesen magst, schicke ich es dir. Ganz un-kapitalistisch als Geschenk. Mir ist es nämlich ein bisschen zu radikal.)
Das hier sind alles nur >>Literatur-Beispiele aus einem einzigen Shop<<
Beispiel aus dem britischen PK-Magazin:
>>Permaculture and Politics<<
Zur Schenkokönomie:
>>Bedingungsloses SCHENKEN<<

Und das waren jetzt nur ein paar Minuten Recherche...


Nachtrag:
Thomas/V. hat geschrieben:
Manchmal kommen mir einige Aussagen hier vor wie eine klassische Nirvana-Fallacy ("Permakultur kann die Welt nicht jetzt sofort perfekt machen, also bin ich lieber gegen Permakultur.") :roll:
Nein, aber PK alleine kann es auch nicht, wenn sich die Gesellschaft als Ganzes nicht um 180° dreht.
a) Wo wurde behauptet, dass PK das "alleine" kann? b) Was ist deine Alternative?
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Re: Definition "Permakultur"

#100

Beitrag von Fred » Di 12. Jul 2016, 17:46

Thomas/V. hat geschrieben: Ein Traum wird wohl eher bleiben, durch PK die Welt zu verbessern, wenn die gesellschaftlichen Vorraussetzungen dafür nicht geändert werden.
Das ist auch etwas, das bei PK-Anhängern nie zur Sprache kommt und mir "sauer aufstößt"...
Dann sehe dir einmal das Permakultur- Handbuch von Bill Mollison an. Der hat dem Thema Gesellschaftsaufbau ein ganzes Kapitel gewidmet, Kapitel 14, auf deutsch etwas hölzern mit "Wege zu einer alternativen Nation" überschrieben. Da dieses Buch das Curiculum für einen Permakultur Design Kurs festlegt, ist darüber in jedem Kurs zu referieren.

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