Waldstilllegung führt zu Artenverlust

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poison ivy
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Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#31

Beitrag von poison ivy » So 1. Mär 2015, 16:34

ja, ich bin gegen Monokultur,
aber wieso ist schlimm, wenn nicht ueberlebensfaehige Arten verschwinden?
das ist lang genug immer wieder passiert, lange, lange vor der Mensch an der Uhr gedreht hat
Reisende hat geschrieben: ist es nicht auch so, dass während dieser jahrzehnte stürme und blitzeinschlag zu neuen lichtungen führen und den wald verjüngen?
Manfred hat geschrieben:Die Studie hat Daten von 1924 Standorten in D und 4775 Standorten in Rumänien, verteilt über alle Wald-Altersklassen ausgewertet.
Es läuft im Endeffekt auf das heraus, was auch aus den nordiranischen "Urwäldern" bekannt ist:
Mit der Zeit dominieren die Buchen. Die alten Buchen machen ein dichtes Schattendach und darunter verbeißen Reh und Hirsch alle anderen Baum- und Straucharten fast bis zur Ausrottung.
jetzt kommt gleich weder, dass meine persoenliche Statistik zu klein ist *schulterzuck*
vielleicht ist das in Rumaenien so, dass Buchen alles plattwachsen *nochmalschulterzuck*
als ich meinen Wald uebernommen hab, waren da Lichtungen drin, wo Kudzu Baeume umgerissen hatte und junge am Wachsen gehindert hat
OK, Kudzu ist ein invasiver Neophyt und zaehlt nicht wirklich, english ivy dagegen schon, und auch wenn das Zeug nicht wie manchmal behauptet wird Baeume 'aussaugt' ist es schwer und faengt Wind, Efeu behangene Baeume fallen eher als nackte
seit ich hier bin haben 4 Kiefern ihre Wipfel - und ohne sterben sie - durch Blitzschlag verloren
ein Sturm hat ein paar nicht mahr ganz fitte groessere Ahoerner und Sweetgum umgelegt, die ihrerseits einiges an Kleinzeug erschlagen haben,
ein 30m Tulpenbaum hat sich in eine Lichtung gelegt,
letztes Jahr ist eine >30m Eiche auf die Strasse gekippt, da hat sie nur auf der anderen Seite Stromleitungen und ein Auto erwischt
grad hat Eisregen 4 Kiefern erlegt, die ihrerseits Baeume ausgeastet und Buesche komplett erlegt haben,
sobald der Boden wieder halbwegst trocken ist werde ich praeventiv einen mittelgrossen Sweetgum entfernen, der durch Frost laengs gesplittert ist und sich mehr und mehr neigt
bei mir wachsen uebrigens auch Buchen bzw beech
gegen die vermaledeiten white tails haben wir Autos und Coyoten, von Baeren und Luchsen gehen immer wieder Geruechte um, gesehen hab ich in meinem Garten noch keine

Manfred

Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#32

Beitrag von Manfred » So 1. Mär 2015, 21:11

Ob es im Einzelfall Empathie oder purer Egoismus oder was auch immer ist, die eine Person antreibt sich für den Artenschutz einzusetzen, ist doch eigentlich egal.
Jedenfalls sind wir, im Gegensatz zu anderen Arten, in der Lage zu erkennen, was wir verdrängen und ausrotten. Manche von uns jedenfalls.

Benutzer 3991 gelöscht

Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#33

Beitrag von Benutzer 3991 gelöscht » So 1. Mär 2015, 22:59

Ich glaub inzwischen, dass wir uns ziemlich überschätzen, wenn wir glauben, ständig was für die "Natur" tun zu müssen. Das es durch den Menschen zu mehr Vielfalt kommen kann, ist schon richtig, sieht man hier wenn ein Stück Wald plattgemacht wird, da sind plötzlich Blumen ohne Ende, das dauert ein paar Jahre, bis die Baumschößlinge ein undurchdringliches Dickicht schaffen, und dann isses wieder Wald.

In Kanada kann man stundenlang an Wäldern entlang fahren, gar nicht selten sind große Flächen schwarz und verkohlt, man hat uns gesagt, es käme immer wieder zu Waldbränden, die wegen der großen Entfernungen aber keiner löscht - wächst eh wieder nach. Dort sieht man das viel entspannter. Wild habe ich dort in den Wäldern in sechs Wochen weniger gesehen, als wenn ich hier in den Nachbarort fahre, und den Popo von ein paar Bergschafen auch nur mit Hilfe eines Indianers.

Eine zeitlang war ich hinter heimischen Erdorchideen her, weil ja auch schwer gefährdet und was macht man nicht Kopf- und Handstand wenn man sich was einbildet. Wenn man mal zwei drei Jahre nicht hinterher ist, sind sie weg, und gehen auch niemand ab, weils eh keiner kennt. Und anderswo wachsen sie ganz von selber.

:kaffee:

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Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#34

Beitrag von 65375 » So 1. Mär 2015, 23:42

Lysistrata hat geschrieben:Ich glaub inzwischen, dass wir uns ziemlich überschätzen, wenn wir glauben, ständig was für die "Natur" tun zu müssen
Weniger gegen die Natur scheint mir sinnvoller.

Benutzer 3991 gelöscht

Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#35

Beitrag von Benutzer 3991 gelöscht » Mo 2. Mär 2015, 00:17

65375 hat geschrieben:Weniger gegen die Natur scheint mir sinnvoller.
Und was soll das sein? :hmm: Wälder lassen, wie "die Natur" sie will? :hmm: Oder doch nicht? :hmm:

so wichtig sind wir nicht :laub:

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Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#36

Beitrag von 65375 » Mo 2. Mär 2015, 00:31

"Die Natur" ist doch nicht nur Wald!
Weniger Fernreisen.
Weniger Konsumgüter, die mit viel Energieaufwand und Lärm (großes Problem der Meere) von sonstwoher kommen.
Weniger Konsum sowieso.
Weniger Müll produzieren.
Weniger Licht wäre schon was tolles und ist gar nicht so aufwendig.

Sich selbst nicht so wichtig nehmen, ist schon ein guter Anfang.

Benutzer 3991 gelöscht

Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#37

Beitrag von Benutzer 3991 gelöscht » Mo 2. Mär 2015, 00:54

Einspruch, euer Ehren!

Fernreisen sind toll. Guck dir japanische Gartenkunst in natura an. Das ist auch Hochkultur, aber es muss einem nicht gefallen.
(ich bin auch mal auf den Bonsai - Hype abgefahren, aber es ist ein verkrüppeln)

Unberührte Natur, in Kanada, Russland, oder sonstwo, wunderschön.

Kulturlandschaft, Italien, auch schön.

Klare Sternennacht in der Wüste, ein heißer Pfefferminztee und Joghurt mit Fladenbrot. Die Welt ist so groß und schön, und wenns nach mir ginge, würde ich jedem jungen Menschen einen Batzen Geld in die Hand drücken, damit er reisen kann und sehen kann was er will.
Wir müssen nicht "sparen", im Gegenteil, die "Natur" ist verschwenderisch und großzügig - und sie hat viel Humor.

:kuuh:

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emil17
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Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#38

Beitrag von emil17 » Mo 2. Mär 2015, 01:00

Manfred hat geschrieben:Wenn da ein massiver Einbruch kommt, z.B. durch einen neuen Getreidepilz, dann werden sehr viele Menschen verhungern. In einer hochdiversifizierten Landwirtschaft dagegen ginge durch so einen Erreger nur ein kleiner Teil der Nahrungsgrundlage verloren.
Ähnlich ist es mit einem Wald, der zu 95% aus Buchen besteht. Bei der Fichte sehen wir ja heute schon die Probleme mit dem Borkenkäfer. Ohne massive menschliche Eingriffe wäre der größte Teil der Fichtenwälder längst wieder verschwunden.
Lass so einen "Schädling" für die Buche entstehen, dann würden auch diese Wälder fallen.
Ein menschengemachter und -bewirtschafteter Mischwald mit vielen Arten und Altersklassen ist ungleich stabiler gegen solche Angriffe.
Die Art Mensch kann also beides: Wälder durch Monokultur anfälliger machen aber auch Wälder durch Vielfalt stabiler machen.
Hier war wohl der Wunsch Vater des Gedankens ...
Mitteleuropa ist ein denkbar schlechter Ort, um Gedankenspiele an der Wirklichkeit zu messen, weil weder das Klima lange genug stabil war und eben der Mensch schon recht früh reingepfuscht hat.
Immerhin bestätigen die römischen Geschichtsschreiber, dass Germanien hauptsächlich von undurchdringlichen Urwäldern bedeckt sei. Gebiete
wie der Pfälzerwald waren bis ins Hochmittelalter so.
Im subatlantischen Gebiet hat man geschlossenen Wald als Klimax, Baumsavannen oder Lockerwald mit Grossherbivoren kommen erst mit abnehmendem Niederschlag. Vergleiche Nordamerika. Neuengland war dicht bewaldet bis die Siedler kamen, und zwar überall. An Grossherbivoren fehlte es dort nicht, aber die blieben im Inneren des Kontinents. In Europa tritt dieses Klima erst östlich etwa des 15. Längengrades grossflächig auf.

Getreide sollte man wegen Kranheitserregern nicht mit Klimaxbaumarten vergleichen, denn natürliche Getreidemonokulturen gibt es nicht, auch im Herkunftsklima des Getreides nicht. Buchenwälder als Monokulturen hingegen schon. Fichtenwälder auch. In Deutschland sind aber Fichten nur in Hochlagen in der Klimaxbaumgesellschaft vertreten und sonst anfällig (was ja inzwischen auch die Förster gemerkt haben).
Schädlingsplage hast du nur, wenn eine nicht Reinbestände bildende Pflanze in Monokultur gezogen wird oder wenn das Klima nicht passt. In Mitteleuropa gibt es grossflächige, langfristig stabile Monokulturen von artenarmen Laubwäldern in tiefen und mittleren Lagen, und von noch langweiligeren Nadelwäldern im Gebirge, sowie ebenfalls äusserst stabile und robuste Dauergrünlandgesellschaften.
Der Wildüberbestand geht wohl hauptsächlich zu Lasten der Landwirtschaft und der Hegejagd.

Kann man alles in Ellenberg, Vegetationskunde Mitteleuropas und den Alpen, nachlesen. Wenn du viel im Hochgebirge unterwegs bist, sieht man die Klimagradienten, weil sich die auf wenigen Kilometern Horizontaldistanz zeigen - in Mitteldeutschland ist mangels Relief halt auf grossen Strecken das selbe.

Ich hab nix gegen Forstwirtschaft, sie trägt zweifellos an vielen Orten zum Artenreichtum bei - wie die Landwirtschaft - aber ebensoviel zur Trivialisierung - ebenfalls wie die Landwirtschaft. Diese weitläufigen langweiligen anfälligen Fichten- und Kiefernforsten sind ja wohl nicht spontan entstanden.
Wenn man aber den Verzicht auf Nutzung nutzbarer FLächen nicht will, sollte man konsequenterweise zuerst gegen Golfplätze und andere Zeichen der Dekadenz sein. Wobei es wohl keinem Wald viel antut, wenn man gezielt und schonend einzelne Bäume rausnimmt.
Man kann in einem überalterten oder toten Baum entgangenen Gewinn sehen, aber die sind ebenfalls Teil des Ökosystems (in Gebirgsnadelwäldern findet natürliche Verjüngung vorwiegend auf liegendem Totholz statt) und es ist legitim, dass nicht alle genutzt werden. Weil nicht alle Arten im Wald Blätter haben - manche haben auch Federn - ist das Belassen von Alt- und Totholz auf einigen Prozent der Fläche in Wirtschaftwäldern wohl die billigste und wirksamste Massnahme, um den Artenreichtum zu heben. Das müssen nicht unbedingt diejenigen sein, die am wertvollsten in der Sägerei sind.

Nur: man kann, wie überall wo Geld regiert, alles etwas effizienter und etwas weniger sorgfältig machen. Deshalb finde ich die Idee prinzipiell nicht schlecht, einige Prozent der Waldfläche nicht zu nutzen. Das meiste sind sowieso Flächen, die zu steil oder zu mager sind, um wirtschaftlich genutzt werden zu können.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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emil17
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Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#39

Beitrag von emil17 » Mo 2. Mär 2015, 01:05

Lysistrata hat geschrieben: Klare Sternennacht in der Wüste, ein heißer Pfefferminztee und Joghurt mit Fladenbrot. Die Welt ist so groß und schön, und wenns nach mir ginge, würde ich jedem jungen Menschen einen Batzen Geld in die Hand drücken, damit er reisen kann und sehen kann was er will.
Die reisen auch alle, nur wollen sie nicht das sehen, was Dir - und vermutlich auch mir - gefällt.
Die wollen nach Thailand oder Malle, wo es Sandstrand, Flaniermeile mit Shopping und Disco hat.
Stell Dir vor, die würden alle in die unberührte Natur wollen: Die Sahara wäre wohl gross genug, aber sonst ... Lieber nicht.
Blaise pascal hat geschrieben:Alles Unheil kommt von einer einzigen Ursache, dass die Menschen nicht in Ruhe in ihrer Kammer sitzen können.
Arthur Schopenhauer hat geschrieben:Ich hege wirklich längst die Meinung, dass die Quantität Lärm, die jeder unbeschwert vertragen kann, in umgekehrtem Verhältnis zu seinen Geisteskräften steht, und daher als das ungefähre Mass derselben betrachtet werden kann
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Waldstilllegung führt zu Artenverlust

#40

Beitrag von Manfred » Mo 2. Mär 2015, 09:52

@Emil: Habe den Ellenberg mal auf meinen Wunschzettel gepackt.
Die Theorien zur Begrenzung der Ausbreitung des Bison durch die Auswaschung von Mineralien durch zu hohe Niederschläge auf der einen und durch Trockenheit auf der anderen Seite sind mit bekannt.
Zu Zeiten der europäischen Besiedlung waren die Megaherbivoren aber schon tausende Jahre ausgerottet und nur noch die Großherbivoren wie der Bison vorhanden. Bei den Wäldern Neuenglands gehen heute viele davon aus, dass es sich um menschengemachte Kulturlandschaften handelte, in denen Baumarten mit essbaren Produkten gezielt gefördert, bzw. Baumarten mit geringem direkten Nutzen für den Menschen gezielt verdrängt wurden.
Die Neusiedler mit ihrer Ackerbau- und Viehzuchtkultur hatten das nur alles schon platt gemacht, längst bevor sie die Zusammenhänge der bislang herrschenden Bewirtschaftung verstanden haben. Nachzulesen z.B. bei Mark Shepard, inkl. Karte der indianischen Kulturlandschaften.
Nordamerika zu Zeiten der europäischen Besiedlung lässt deshalb keine Schlüsse auf eine Vegetationsentwicklung ohne menschlichen Einfluss zu, zumindest keine direkten.

Auch was die Qualität römischer Geschichtsschreibung angeht, gibt es hinlängliche Zweifel.
Andererseits ist die Beobachtung verständlich. Abgesehen vom Hochgebirge haben sich die römischen Eroberer nördlich der Alpen überwiegend auf Gewässern bewegt. Und alle größeren Flüsse waren damals noch teils kilometerbreite Auwaldsümpfe, die zwar Nahrung boten, aber wegen der extrem hohen Krankheitsgefahr und der Hochwasser ansonsten sehr unattraktiv für eine Besiedlung waren. Selbst Adolf hat sich noch damit beschäftigt, diese Sümpfe trocken zu legen und in Agrarland zu verwandeln.
Die Händler und Fischer waren auf die Wasserwege angewiesen und haben sicher sehr früh dort gesiedelt, alle anderen werden sich bevorzugt an höher gelegenes, halbwegs ebenes Land gehalten haben.
Aber das sind die letzten gut 2000 Jahre.
Darüber, wie die vorhergehenden Kulturen die Landschaft beeinflusst haben, wissen wir sehr wenig. Auch Ellenbergs Werk wird deshalb viele Vermutungen enthalten.

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