Landfrau:
1. eigentlich keine schwierige Frage, aber ideologisch belastet - es gibt ja immer die Wasdagegenhaber, auc beim Obstbaumschnitt, allen Ernstes:
Warum muss / soll / tut man Obstbäume überhaupt schneiden?
Oder andersrum: was passiert, wenn man Obstbäume nicht schneidet?
Ohne Schnitt entsteht die natürliche Kronenform.
In der Jugend ist das durchaus in Ordnung.
Je älter der Baum aber wird, um so mehr fruchtet er auf Kosten des Neuaustriebes.
Das führt zur langsamen Vergreisung. Früchte und Blätter befinden sich dann nur noch
in einer dünnen und dichten Zone am Außenrand der Krone. Die Fruchtqualität
verschlechtert sich langsam.
Wir schneiden,
- um die Krone licht zu halten,
- um ständig den Zuwachs von jungen langen Trieben anzuregen,
- und somit die Ertrgszone breit und locker zu halten,
- das bringt etwas weniger, aber bessere Früchte,
- beugt Alternanz vor, und hält den Baum jung und gesund.
Landfrau:
2. Was ist eine (Kultur-)sorte?
Das Gegenteil von Wildsorten. Also alle Apfelsorten vom Menschenhand gepflanzt.
In Deutschland gab es mal den Holzapfel als einheimische Wildsorte.
Die meisten Wildsorten dürfte es heute noch zwischen Türkei, Kaukasus
und Kasachstan geben.
Manchmal pflanzt man Wildsorten zur besseren Befruchtung mit in
den Garten oder in die Intensivanlage.
( vor solchen Fragen hab ich Respekt )
Landfrau:
3. Wie fördert man die Fruchtholzbildung bei den verschiedenen Arten?
Der Baum weiß selbst, wann er das Alter hat, um Fruchtholz und Früchte zu bilden.
Man kann das verfrühen, indem man auf schwachwüchsige Wurzelunterlagen veredelt
oder indem man einige Triebe bis fast waagerecht herunterbindet.
Die brutalen Chirurgen stechen auch Wurzeln ab oder sie schnüren die Rinde mit
Draht ab bzw. sie schneiden daran herum.
All dies geht aber zu Lasten der Vitalität des Baumes.
Landfrau:
4. Wie bringt man einen bisher gar nicht tragenden Baum in den Ertrag?
Ursachenforschung ist angesagt.
- Alter Baum, der nicht blüht: roden, wenn aber rundherum gar nichts blüht,
Bodenuntersuchung machen,
- Baum blüht, Früchte nicht ansatzweise vorhanden: starke Befruchtersorte pflanzen,
z.B. Wildapfel, Cox Orange, James Grieve, Goldparmäne,
- Baum blüht und Blüten werden vom Frost zerstört: roden, oder warten auf Klimawandel,
- Früchte bleiben sehr klein und fallen vom Baum: aufschneiden und nach Schädling
suchen, diesen dann rigoros von der Artenliste spritzen,
- jüngerer Baum ohne Fruchtholz und ohne Blüten: warten, einige Zweige herunterbinden,
alternativ: Edelhölzer schneiden und auf M9 pfropfen,
- falls es keine Insekten in der Gegend mehr gibt: Zuchthummeln kaufen
( und das meine ich bitterernst, der Mensch killt zur Zeit Milliarden Insekten )
Landfrau:
5. Woher kommt Alternanz, wie kann man mit Schnittmaßnahmen dagegen wirken?
Einige Sorten alternieren gern. Alternanz bedeutet, der Baum erholt sich von
starkem Fruchtbehang im Vorjahr.
Man kann Alternanz ausgleichen, indem man so schneidet, daß der Neuaustrieb immer
recht stark ist. Man nimmt die Kronenhöhe etwas zurück, lichtet gut aus und man
schneidet in den folgenden Jahren schrittweise die alten Triebe zugunsten neuer
Triebe vollständig heraus.
Der Baum fruchtet dann etwas weniger, aber er fruchtet jedes Jahr, weil immer
junges Fruchtholz ausreichend vorhanden ist.
Landfrau:
6. Wofür dienen Hochstämme, bei denen man viele Arbeiten wie Schnitt und (chemiefreie) Fruchtausdünnung nicht oder nur unter gefährlichen Umständen ausführen kann?
Ideal für Streuobstwiesen oder große Gärten - ohne Chemie und ohne Fruchtausdünnung.
Man läßt sie wachsen, lichtet nur regelmäßig etwas aus, hat viel Fallobst für Most
oder als Schweinefutter, viel Naschobst für die Kinder, Kuchenobst usw.
Pferde, Schweine und Hunde haben keine Chance, die besten Früchte zu ernten.
Unter dem Baum ist Platz ( zum Rasenmähen oder das Weideviech zu treiben).
Das Motiv: Masse, ohne Qualität überzubetonen.
Und: man kann sich auch eine 5m lange Holzstange schnitzen und daran
Werkzeuge befestigen - vieles geht vom Boden aus zu machen.
Landfrau:
7. Kann man Süßkirschen kleingartentauglich halten?
- Veredeln auf schwache Wurzelunterlagen, z.B. GiSelA5,
- Baumschnitt regelmäßig im Sommer nach der Ernte, das nimmt Reservestoffe,
- Boden abmagern und Wasserversorgung wenn möglich verschlechtern,
- auch wenn ich dagegen bin: Wurzelschnitt im Frühling,
Landfrau:
8. Wie erzeugt man einen Austrieb an einer gewünschten Stelle?
Austrieb aus schlafenden Augen bekommt man u.a. auf dem Scheitel bogenförmig nach
unten gezogener Äste oder an jeder höher gelegenen Schnittstelle, wenn man darunter
keine Seitenäste mehr hat.
Wenn dies sehr alte Triebe sind, dann sollte man die Borke vorsichtig abschälen,
ohne aber die darunter liegende lebende Rinde zu beschädigen.
Will man an einem steil stehenden Trieb eine Knospe zum Austreiben zwingen,
so schneidet man im Frühling über der Knospe eine Kerbe in die Rinde.
Landfrau:
... Wie erhöht man den Ertrag?
Wenn man sich diese Frage vor dem Pflanzen stellt, so wählt man die best-
passendste Wurzelunterlage aus ( M9 bringt bei gutem Boden und idealen
Pflanzabständen den besten Hektarertrag )
Bei vorhandenen Bäumen:
- Bodenlockerung u. -Verbesserung - ohne mit Stickstoff zu überdüngen,
- gleichmäßige Wasserversorgung,
- Raubinsekten fördern, jegliche Früchte mit Schädlingen oder Pilzbefall
sofort entfernen,
- Krone mäßig auslichten, Neuaustrieb fördern, nach unten hängende alte Triebe
dafür schrittweise entfernen, so daß die Krone groß und licht wird,
Anfangs wird der Ertrag dadurch etwas niedriger, später mit wieder steigenden
Kronenvolumen aber höher bei gleichbleibender oder besserer Qualität.
Landfrau:
9. Welche Hygienemaßnahmen beim Schnitt und warum?
Schnittwerkzeuge desinfizieren, um z.B. Monilia oder Pustelpilze nicht
zu übertragen. Dazu nimmt man am besten die heiße Seifenlauge, wenn man Weißwäsche
macht.
Landfrau:
10: Ganz banal: Unterschied Winter- / Sommerschnitt - würde auch Bloomys Frage beantworten. Und die nach den Wassertrieben.
So banal ist das gar nicht.
Winterschnitt wirkt wachstumsfördernd, weil der Baum versucht,
sein ursprüngliches Krunenvolumen wieder zu erlangen und er hat dazu
alle Reservestoffe zur Verfügung.
Winterschnitt bremst aber die Fruchtung.
Sommerschnitt wirkt Wachstumshemmend, weil der Baum mit dem grünen Blatt
Reservestoffe verliert. Die muß er im Folgejahr erst einmal wieder im Boden
aufarbeiten. Vgl. 7.)
Sommerschnitt - im richtigen Maße wirkt Fruchtfördernd.
Im Sommer ausgerissene Jungtriebe kommen im laufenden Jahr nicht mehr,
denn die Zeit für Austrieb aus schlafenden Knospen ist vorbei, vgl. Bloomy's Zwetschge.
Landfrau:
11. Warum soll man nicht bei Frost schneiden?
Nicht bei unter -5° in der Nacht, um das Ausfrieren der Schnittstellen
zu vermeiden.
Landfrau:
12. Ist es mit einmal schneiden getan oder muss man das regelmäßig machen?
Hat man einen Baum einmal geschnitten, dann sollte man ihn jährlich und dafür
in geringstmöglichen Umfang weiter schneiden, so bleibt er jung und vital und die
Schnittwunden sind relativ klein.
Starke Eingriffe führen zu Wurzeltod, Ertragsausfall, evtl. auch
zeitweiligen Verlust der Abwehrkräfte.
Landfrau:
13. Unterschied Erziehungs-, Verjüngungs-, Erhaltungsschnitt.
in kürze:
Erziehung - während die Krone aufgebaut wird
Erhaltung - Krone ist fertig und muß nur im Bestzustand gehalten werden
Verjüngung - Krone ist vergreist, soll zu starkem Neuaustrieb angeregt werden
Erhaltung bedeutet auch regelmäßiges Verjüngen,
Verjüngung bedeutet auch, daß Erziehung zumindest teilweise wieder beginnt,
je nach Tiefe des Eingriffes.
Landfrau:
14. Mögliche Kronenformen bei den versch. Obstsorten und Unterlagentypen und deren Vor- und Nachteile.
Nur im Groben für Äpfel auf gutem Boden:
Starkwüchsige ( z.B. Sämling, MM109 ) für Hoch o. Halbstamm,
Mittelwüchsige ( z.B. M7, MM106 ) für Halbstamm, Niederstamm, große Buschformen,
Schwachwüchsige ( z.B. M27, M9, M26 ) für Spalier, Spindelbusch, Kordon,
An dem Thema bin ich leider immer noch dran. Boden und Wasserversorgung
sind ebenfalls wichtige Bedingungen - je mieser, um so stärker muß die
Unterlage sein.
Nicht jede Edelsorte harmoniert mit jeder Unterlage.
M26 oder Supporter sind recht gut verträglich. M9 ist vielfach getestet.
Weiterhin wirkt eine hohe Spannung zwischen Starker Edelsorte und schwacher
Unterlage in Richtung kurze Lebensdauer und teilweise veränderten Fruchteigenschaften.
Gravensteiner z.B. wird seine Fruchteigenschaften nur mit starker Unterlage
voll entwickeln.
Landfrau:
15. Warum schneidet man Bäume nach dem Pflanzen so stark zurück?
Um das Gleichgewicht zwischen Wurzel und Krone anfänglich zu halten.
Auch hier hab ich Experimente gemacht, bin aber noch nicht fertig.
Ein sehr starker Rückschnitt nach Pflanzung führte zu Kümmerwuchs.
Geringer Rückschnitt brachte nur Verzweigung.
Gar kein Rückschnitt brachte geringen Austrieb und in den Folgejahren
die besseren Alternativen für den Erziehungsschnitt.
Landfrau:
16. Wie funktioniert das Überwallen?
Luftkontakt des Kambium löst Bildung von Hormonen aus, die die Überwallung
in Gang setzen. Deswegen ist Abschrägen der Rinde an der Schnittstelle sinnvoll
und die Wundbehandlung sollte sparsam und genau gemacht werden.
Zunächst werden die Zellen mit Luftkontakt umgewandelt, dann entsteht die neue
Struktur der Rinde und darunter entsteht die erste Schicht Holz. Die Fasern
gehen zumindest anfangs genau mit der Kambiumwunde mit und das führt dazu, daß
sich das Holz wulstförmig um die Schnittwunde legt. Der Zuwachs des umgebenden
Holzes drückt die Wulst weiter in Richtung Zentrum der Schnittwunde.
Noch nicht ganz klar ist mir, warum sich manche Schnittwunden so schön flach
überwallen. Kann nur vermuten, daß sich die Holzfaser möglichst geradlinig
ziehen will. Somit verstärkt sich das Wachstum in den Bogen hinein.
So macht es ein krummer Stamm ja auch.
Landfrau:
17. Wie vermeidet man Fäulnis an Schnittstellen?
Siehe ganz oben.
Schneiden bei kühl-trockenem Wetter während der Saftruhe,
saubere und sehr scharfe Schnittwerkzeuge verwenden,
Wundbehandlung.
Landfrau:
Sehr unterschiedliches Niveau vielleicht und dass es sehr schwierig ist, bei einer inhomogenen Zuhörerschaft alle "mitzunehmen".
Der Experte im Publikum schreibt den Vortragenden nach seinem ersten Lapsus womöglich ab, der Laie versteht trotzdem nur Bahnhof.
Darin bin ich wiederum einigermaßen firm.
Die gute Nachricht: es ist keine öffentliche Veranstaltung, also keine
Zufallshörer mit Konfliktpotenzial. Alles Fachleute. Aber trotzdem
einige sehr grün.
Hab aber nur 90 Mniuten Zeit. Dafür aber zwei interessante Vorredner:
Baurecht und Pflanzenschutz.
Der rote Faden sieht aktuell etwa so aus:
- Ertragsziele
- Standortfaktoren
- Sorten und Wurzelunterlagen
- Wachstumsgesetze und Reaktionen auf Eingriffe
- Erziehung verschiedener Kronen
- Erhaltung und Verjüngung
Das alles packe ich in Fehler und Problemsituationen aus dem Alltag ein.
Wichtig ist mir, den Zusammenhang zwischen Ertragsziel, Standort, Sorte,
Schnittmaßnahmen und realem Ertrag rüber zu bringen und damit auf eine
strategische Denkweise zu orientieren.
Der Hinweis auf die Literatur ist Gold wert.
Werde mir also alles holen, um mich noch schnell auf die modernen Lehrmeinungen
zu updaten.
Das Faultier