Hallo,
vielen Dank für die Infos.
Ich habe das zum Anlass für einen Versuch genommen, die aktuellen Vorschriften zu Durchblicken.
Hier der Stand meiner Erkenntnis:
Schafe und Ziegen – Rechtliche Fragen
Wer in Deutschland neu mit der Schaf- und/oder Ziegenhaltung beginnt, muss einige wichtige Punkte beachten.
(Wenn schon Schafe/Ziegen hat und einige dieser Bedingungen nicht erfüllt, sollte schleunigst Abhilfe schaffen und seinen Betreib, seine Tiere etc. anmelden. Erster Ansprechpartner dafür ist das Veterinäramt.)
1) Betriebsregistrierung
2) Kennzeichnung der Tiere, Bestandsregister, Begleitpapier, Meldepflichen
3) Tierschutzgerechte und umweltgerechte Haltung
4) Versicherung
Werden für den Betrieb EU-Ausgleichszahlungen beantragt, dann sind weitere Auflagen zu beachten.
5) Auflagen bei Bezug von EU-Ausgleichszahlungen
Erläuterung zu den einzelnen Punkten:
1) Betriebsregistrierung:
Jeder der in Deutschland Schafe oder Ziegen hält (auch nur vorübergehend) muss sich beim zuständigen Veterinäramt als Schaf- und/oder Ziegenhalter registrieren lassen.
Das hat unter andrem den Zweck, dass die tierschutzgerechte Haltung sichergestellt werden kann und dass bei Ausbrechen einer Tierseuche die Tierhalter bekannt sind, gewarnt werden können und notfalls Maßnahmen (Impfung, Quarantäne, Tötung) eingeleitet werden können.
Im Rahmen dieser Registrierung wird eine Betriebsnummer vergeben. Diese Betriebsnummer wird auch zur Anmeldung beim HIT (siehe Punkt 2) benötigt.
Außerdem wird er Betrieb bei der Tierseuchenkasse gemeldet. Die Tierseuchenkasse ist eine Zwangsversicherung für den Seuchenfall und die Seuchenvorsorge. Hat man Tierverluste durch eine Tierseuche oder durch Maßnahmen, die der Seuchenvorsorge dienen (Impfung, Keulung etc.), kann man dort eine (geringe) Entschädigung erhalten.
Die Beiträge zur Tierseuchenkasse betragen nur einige Euro im Jahr, je nach Tierbestand.
2) Tierkennzeichnung, Bestandsregister, Meldepflichen
Tierkennzeichnung
Alle Schafe und Ziegen müssen spätestens bis zum Alter von 9 Monaten mit Ohrmarken gekennzeichnet werden. Verlassen die Tiere schon vorher den Betrieb (Verkauf oder Transport zum Metzger), dann sind sie vor Verlassen des Betriebes zu kennzeichnen.
Tiere, die nach dem 01.01.2010 geboren wurden, müssen teilweise elektronisch gekennzeichnet werden.
Für ältere Tiere, die vor 2005 geboren wurden, gelten noch alte Ohrmarkenbestimmungen. Im Zweifelsfall beim Veterinäramt erkundigen.
Die Ohrmarken und die passenden Zangen erhält man beim LKV („Landeskuratorium der Erzeugerringe“ oder auch „Landeskontrollverband“) des jeweiligen Bundeslandes. Die Kontaktadresse erhält man normalerweise bei der Betriebsanmeldung vom Veterinäramt.
Es gibt 3 Grundtypen von Ohrmarken:
Weiße Ohrmarken
Auf den weißen Ohrmarken steht nur die Betriebsnummer. Diese Ohrmarken sind für Lämmer, die vor einem Alter von 12 Monaten in Deutschland geschlachtet werden und bis zur Schlachtung (oder dem Transport zur Schlachtung) in dem Betrieb bleiben, in dem sie geboren wurden. Für diese Tiere ist keine elektronische Kennzeichnung erforderlich.
Jedes dieser Tiere wird mit nur einer weißen Ohrmarke (meist ins linke Ohr) gekennzeichnet.
Natürlich können auch diese Schlachttiere mit gelben Ohrmarken (siehe unten) gekennzeichnet werden. Das Verfahren mit den weißen Betriebsmarken ist aber einfacher und billiger.
Gelbe Ohrmarken ohne elektronische Kennzeichnung
Diese Ohrmarken sind für Tiere, die nach dem 01.01.2005 und vor dem 01.01.2010 geboren wurden und die älter als 12 Monate werden sollen oder den Geburtsbetrieb verlassen.
Jedes dieser Tiere erhält 2 Ohrmarken (eine in jedes Ohr) auf denen jeweils die gleiche, EU-weit nur einmal vergebene Nummer steht.
Gelbe Ohrmarken mit elektronischer Kennzeichnung
Diese Ohrmarken sind für Tiere, die nach dem 01.01.2010 geboren wurden und älter als 12 Monate werden sollen (Zuchttiere etc.) oder den Geburtsbetrieb verlassen.
Jedes dieser Tiere erhält 2 Ohrmarken (eine in jedes Ohr) auf denen jeweils die gleiche, EU-weit nur einmal vergebene Nummer steht.
Eine der beiden Ohrmarken enthält einen Chip, der mit elektronischen Lesegeräten erfasst werden kann. Die Ohrmarke mit dem Chip sollte in das linke Ohr gesetzt werden.
Was ist zu tun, wenn ein Tier eine Ohrmarke verliert?
Dann muss die Ohrmarke unverzüglich ersetzt werden.
Weiße Ohrmarke: Eine neue weiße Ohrmarke einziehen.
Gelbe Ohrmarke bei normalen Tieren: Auch die zweite Ohrmarke entfernen und ein neues Paar Ohrmarken (mit neuer Nummer) einziehen. Die neue Nummer ist im Bestandsregister zu vermerken.
Gelbe Ohrmarke bei Herdbuch-Zuchttieren: Bei Herdbuchzuchttieren darf die Ohrmarkennummer nicht verändert werden, weil die Tiere anhand dieser Ohrmarke identifiziert werden. Verliert ein Herdbuchtier eine Ohrmarke, dann muss man beim LKV eine Ersatzmarke mit der gleichen Nummer nachbestellen.
(Herdbuchzuchttiere sind Tiere, die bei einem Zuchtverband angemeldet sind, auf Ihre Leistung geprüft werden etc. Wenn jemand keine Herdbuchzucht sondern nur einfache Vermehrung betreibt, kann er das ignorieren.)
Manche LKVs bieten die Ohrmarken in verschiedenen Formen an. So kann jeden Schafhalter seinen bevorzugten Typ auswählen.
Beispiel:
Ohrmarkenkataloge und Bestellformulare LKW Baden Württemberg
Bestandsregister:
Vorlage Bestandsregister LKV BW
Teil A enthält Angaben zum Betrieb.
In Teil B werden die Zugänge und Abgänge vermerkt.
Bei Abgang von Tieren mit weißen Ohrmarken an Schlachtbetriebe wird als Kennzeichen die Nr. der Betriebsohrmarke und dann unter Anzahl die Stückzahl der übergebenen Tiere vermerkt.
(Zugang von Tieren mit weißen Marken gibt es ja nicht. Bei Betriebswechsel sind nur gelbe Marken erlaubt.)
Bei Abgang oder Zugang von Tieren mit gelben Marken muss jede Ohrmarkennummer einzeln aufgelistet werden. Kauft man 10 Tiere von einem Betrieb, sind dann also in der Spalte Kennzeichnung alle 10 Marken aufzulisten und in er Spalte Anzahl steht 10.
In Teil C werden im Betreib geborene Tiere mit gelben Marken erfasst. Nach der Kennzeichnung sind werden sie in die Liste eingetragen. Verenden Sie im Betrieb, wird das in der Spalte Tod vermerkt. Für Hausschlachtungen scheint keine Spalte vorgesehen. Ich würde das jeweils unter Bemerkung eintragen.
Teil D ist für Kontrollvermerke der Behörden (Veterinäramt, Landwirtschaftsamt).
Begleitpapier
Wenn man Tiere verkauft, muss ein Begleitpapier erstellt werden.
Der Käufer erhält das Original und der Verkäufer bewahrt eine Kopie oder Zweitschrift auf, als Beweis, wohin die Tiere verbracht wurden.
Vorlage Begleitpapier
Die Begleitpapiere heftet man am besten in einem Ordner zusammen mit dem Bestandsregister ab.
Meldepflichten
Zugangsmeldung:
Bei Zugang von Tieren von Tieren muss man innerhalb von 7 Tagen den Zugang an die HIT-Datenbank melden. (HIT = Herkunfts- und Informationssystem Tier)
Dazu gibt es zwei Möglichkeiten:
Mit Meldepostkarten, die an den jeweiligen LKW geschickt werden. Die Meldekarten kann man mit den Ohrmarken bestellen. Der LKW berechnet dann aber für jede Meldung eine Bearbeitungsgebühr. Oder per Internet, auf
http://www.hi-tier.de/ Die Internetmeldung ist kostenfrei (bis auf die Internetkosten).
Bei Abgang ist keine Meldung erforderlich. Es meldet jeweils nur der übernehmende Betrieb.
Jährliche Stichtagsmeldung:
Am Anfang jeden Jahres muss man die jeweils am 1. Januar vorhandene Gesamtzahl an Ziegen und Schafen melden. Dabei sind getrennte Angabe für Tiere bis 9 Monate, Tiere von 9 bis 19 Monaten und für Tiere über 19 Monate zu machen.
Außerdem ist die Haltungsform (Zucht, Milch, Mast) anzugeben. Mehrfachnennungen bei der Haltungsform sind möglich.
Die jährliche Stichtagsmeldung muss bis spätestens 14. Tage nach dem Stichtag (also bis 14. Januar) erfolgt sein.
3. Tierschutzgerechte und umweltgerechte Haltung
Kurzes Merkblatt zur Schafhaltung vom Landesbeirat für Tierschutz BW
Kurzes Merkblatt der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft
Empfehlenswert sind die Seiten des Schweizer Bundesamtes für Veterinärwesen:
http://www.bvet.admin.ch/tsp/index.html?lang=de
Auch die Deutsche TVT (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz) hat gute Merkblätter. Leider fehlt noch ein allgemeines für die Schafhaltung. Das für die Ziegenhaltung ist empfehlenswert.
http://www.tierschutz-tvt.de/merkblaetter.html
Umweltschutz:
Auch kleine Schaf- und Ziegenherden können Umweltschäden verursachen.
Zu beachten sind z.B. Auflagen in Wasserschutzgebieten (Beweidungsverbote, Verbot der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern), Vermeiden von Überweidung, Richtige Lagerung von Wirtschaftsdüngern.
4. Versicherung
Solange die Ziegen nur Nachbars Blumen fressen, lässt sich der Schaden meist leicht beheben. Verursachen die Tiere aber einen Unfall, können schnell Schäden von mehreren 100.000 Euro entstehen und der Tierhalter kann Haus und Hof verlieren. Hobbyhalter unterliegen einem noch strengeren Haftungsrecht als berufsmäßige Tierhalter. Deshalb sollte jeder Tierhalter auf einen guten Versicherungsschutz achten.
Manche Privathaftpflichtversicherungen decken eine Hobbytierhaltung mit ab. Klärt dass mit eurer Versicherung. Wenn die Privathaftpflicht nicht reicht, gibt es spezielle Tierhalterhaftpflichtversicherungen. Wenn die landwirtschaftlichen Aktivitäten einen größeren Umfang einnehmen, ist evtl. eine Betriebshaftpflicht sinnvoll.
5. Auflagen bei Bezug von EU-Ausgleichszahlungen
Wer für seine Landwirtschaftsflächen EU-Ausgleichszahlungen beantragt, muss auch im Bereicht Tierhaltung alle EU-Auflagen erfüllen. Sonst können die Flächenprämien gekürzt oder gestrichen werden.
Informationen zu den Auflagen finden sich unter:
http://www.stmelf.bayern.de/agrarpolitik/11030/